#NotMyEnergiewende – Folge 2: Was hat kolumbianische Steinkohle mit der Energiewende zu tun?

Deutsche Kohleförderbetriebe und Kraftwerksbetreiber dürfen sich über hohe Entschädigungszahlungen freuen. Gleichzeitig gehen die Menschen, auf deren Kosten unser Wohlstand beruht, leer aus. Deutschland zieht sich damit erneut aus seiner historischen Verantwortung. Mit diesem Einführungstext, am Beispiel der Steinkohleförderung in Kolumbien, der auf Berichten unserer Freund*innen aus diesen Regionen beruht, möchten wir diese Praxis deutlich machen.

„Nicht die Europäer*innen oder US-Amerikaner*innen zahlen den Preis für die Kohle, sondern die communidades“, sagt Maria de los Angeles Garcia, Mitglied einer afro-kolumbianischen Gemeinde der Halbinsel La Guajira. Seit 44 Jahren bauen hier, im Nordosten Kolumbiens, internationale Konzerne Steinkohle ab, auch für den deutschen Markt. Die Konsequenzen für die indigenen und afrokaribischen Gemeinden und die Bäuer*innen der Region sind dramatisch. Einst wurde Arbeit und Reichtum für die Region versprochen; entstanden sind verschmutze Flüsse, Wassermangel, der Verlust von kulturell und spirituell wichtigen Orten, Krankheit, Umsiedlung und Hunger. Die Hälfte der Menschen in La Guajira lebt heute unter der Armutsgrenze.

Wer nicht umsiedeln will, wird unter Druck gesetzt. Allein in diesem Jahr wurden bereits über 100 „líderes sociales“ (Aktivist*innen) getötet. Seit 2016 sind es über 1000. Die Täter blieben dabei oft unerkannt, erklärt Javier Geraldo, Koordinator der Cinep-Datenbank für Menschenrechte und politische Gewalt in Kolumbien, eine ausreichende Untersuchung sei oft nicht möglich und auch politisch nicht gewollt. Deshalb sind es in seinen Augen vor allem das Schweigen und die Ignoranz, die töten.

Deutschland hinterlässt verbrannte Erde

Deutschland hat in den vergangenen Jahrzehnten vom Extraktivismus in Kolumbien stark profitiert. Die Entscheidung, im Zuge der Energiewende keine Steinkohle mehr zu verstromen, kann erst einmal als positiver Schritt wahrgenommen werden. Doch was hinterlassen wir vor Ort, wenn keine Steinkohle mehr aus Kolumbien importieren wird? Nichts als verbrannte Erde. Die Folgen tragen die communidades in Kolumbien. An Reparationszahlungen, Unterstützung sowie Schutz der indigenen und afro-kolumbianischen Bevölkerung in La Guajira denkt die deutsche Regierung nicht. Dabei wird auch ausgeblendet, dass eine auf dem Weltmarkt für ca. 40 US-Dollar verkaufte Tonne Steinkohle mit sozial-ökologischen Folgekosten von bis zu 200 US-Dollar assoziiert ist. Diese sozial-ökologische Kosten tragen die Menschen in La Guajira.

Reparationszahlungen – jetzt!

Steinkohle, die heute nicht mehr an andere Länder verkauft werden kann, wird nun vom kolumbianischen Staat selbst verstromt. Momentan werden große Anlagen in Cesar, Boyacá oder Santander, teilweise mit deutschen Geldern, gebaut. Das Leid der Bevölkerung vor Ort findet somit auch in Zukunft kein Ende. Welchen Zweck hat nun also eine Energiewende im globalen Norden, wenn Gemeinden des globalen Südens mit den Folgen des jahrzehntelangen Extraktivismus alleine gelassen werden?
Was es braucht, sind Reparationszahlungen, ein aktiver Schutz der Betroffenen vor Ort und eine Perspektive auf eine Zeit nach der Steinkohle. Bis dahin sagen wir: #NotMyEnergiewende!

Kontakt: stopsteinco2le@riseup.net

Übersicht über alle Folgen der Kampagne


News

++ Ende Gelände kündigt massiven Widerstand gegen fossiles Rollback an ++ Proteste bei Eröffnung von LNG-Terminal in Wilhelmshaven ++ Aktionen gegen die Räumung von Lützerath ++

18. Dezember 2022 Anlässlich der Eröffnung des ersten Flüssiggas-Terminals in Wilhelmshaven am heutigen Samstag hat das Aktionsbündnis Ende Gelände massiven Widerstand gegen ein Rollback bei der Nutzung fossiler Energien angekündigt. Es gab sowohl eine Protestaktion in Wilhelmshaven gegen den Ausbau von Infrastruktur für Flüssiggasimporte als auch Solidaritätsaktionen in mehreren deutschen Städten gegen den drohenden Abriss des Dorfes Lützerath am Braunkohletagebau Garzweiler. Mit den verschiedenen Aktionen will das Bündnis für Klimagerechtigkeit die grundsätzliche Abkehr von den fossilen Energien Öl, Kohle und Gas forcieren. Weiterlesen ...

Newsletter #10/22

15. Dezember 2022 Heute dreht sich unser Newsletter um das brennendste Thema des Winters: Lützerath. Aussagen von Presse, Polizei und Politik überschlagen sich und wir formieren uns. Ihr findet allgemein Informationen zum Stand und Unterstützungsmöglichkeiten. Außerdem haben wir noch einen Leitfaden zu Zivilem Ungehorsam für trans*, inter*, non-binäre und agender (= TINA) und laden wir euch noch zu ein paar Terminen ein. Weiterlesen ...

Leitfaden zu Zivilem Ungehorsam für trans*, inter*, non-binäre und agender (= TINA) Menschen jetzt online

12. Dezember 2022 Der Leitfaden des Trans-Action-Kollektivs soll eine Hilfestellung sein für TINA-Personen (d.h. Menschen, die trans*, inter, non-binär und/oder agender sind), die an Aktionen des zivilen Ungehorsams teilnehmen. Er wurde von Menschen aus Nord-, West- und Südeuropa verfasst, die ihre Erfahrungen als genderqueere Aktivist*innen und Trainer*innen, vor allem in der Klimagerechtigkeits-Bewegung, eingebracht haben. Weiterlesen ...

++ Strafurteil gegen Journalisten wegen Berichterstattung über Braunkohleproteste von Ende Gelände ++ Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union wirft Energiekonzern MIBRAG Geheimdienstmethoden vor ++

3. Dezember 2022 Der Leipziger Journalist Marco Bras dos Santos wurde am 2. Dezember wegen Hausfriedensbruchs verurteilt. Das Amtsgericht in Borna hielt ihn für schuldig, im November 2019 unbefugt das Betriebsgelände des Energiekonzerns Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft (MIBRAG) betreten zu haben. Damals hatten mehr als 1.000 Aktivist*innen des Bündnisses Ende Gelände Braunkohlebagger im Tagebau Vereinigtes Schleenhain in der Nähe von Leipzig blockiert. Weiterlesen ...